Rückenschmerzen – Wir informieren Sie
Hier erfahren Sie, welche alltäglichen, arbeitsbedingten, seelischen und körperlichen Faktoren einen Einfluss auf die Entstehung von Rückenschmerzen haben und warum sie dauerhaft werden können. Außerdem soll Ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich darüber zu informieren, wie sie sich vorbeugen lassen und was Sie tun können, wenn Sie Rückenschmerzen haben.
An wen richtet sich diese Information?
Diese Gesundheitsinformation richtet sich an Erwerbstätige, die sich über das Thema Rückenschmerzen informieren möchten, wenn sie
- bereits Rückenschmerzen hatten oder haben,
- keine Rückenschmerzen haben, aber neben den alltäglichen leichten Bewegungen keiner weiteren körperlichen Aktivität nachgehen oder Risikofaktoren aufweisen.
Die Informationen richten sich nicht Personen, die an spezifischen Rückenschmerzen leiden, die zum Beispiel durch einen Bandscheibenvorfall, einen Bruch der Wirbelsäule oder bakterielle Entzündungen der Bandscheibe ausgelöst sein können [1].
Auf dieser Seite werden Ihnen Empfehlungen gegeben. Diese wurden unter Einbezug wissenschaftlich erstellter Studien formuliert. Dabei gibt es mehr, aber auch weniger aussagekräftige Studien. Auch kann es Unterschiede in den Studienergebnissen geben. Deshalb werden die hier gegebenen Empfehlungen unterschiedlich stark ausgedrückt:
- soll (nicht): Dies ist eine starke Empfehlung. Die Ergebnisse stammen aus gut oder sehr gut durchgeführten Studien und sind sehr wichtig.
- sollte (nicht): Dies ist eine Empfehlung. Die Ergebnisse stammen aus eher gut durchgeführten Studien und sind eher wichtig.
- kann: Dies ist eine offene Empfehlung. Die Ergebnisse stammen aus weniger guten Studien oder sind nicht sehr wichtig oder die Ergebnisse aus guten Studien sind nicht eindeutig.
Informieren Sie sich über
Bereiche des Rückens, die mit Rückenschmerzen in Verbindung stehen können, sind die Wirbelsäule, Bandscheiben, Rückenmuskeln, das Bindegewebe und die Nerven [2].
Der Rücken ist der Bereich zwischen dem untersten Halswirbel und den Gesäßfalten. Häufig wird auch von Kreuzschmerzen gesprochen. Damit ist der untere Bereich des Rückens gemeint [3].
Kraftpaket Wirbelsäule
Die Wirbelsäule ist die stabile, knöcherne Mitte des Körpers. Sie überträgt das Gewicht von Kopf, Hals, Armen und dem restlichen Oberkörper auf Becken und Beine. Auch schützt sie das Rückenmark und Muskeln, Sehnen und Bänder setzen an ihr an.
Betrachtet man die Wirbelsäule von der Seite, lässt sich eine doppelte S-Form erkennen. Die Krümmung nach vorne wird Kyphose, eine Krümmung nach hinten wird Lordose genannt. Durch diese Krümmungen wird die Wirbelsäule zusätzlich belastbar [4].
Ihr Aufbau sorgt für ihre Beweglichkeit und dafür, dass sie Erschütterungen, wie beim Laufen, abfedert.
Die Wirbelsäule besteht aus 32 bis 35 Wirbeln, die sich in fünf Bereiche unterteilen:
Halswirbelsäule (7 Wirbel), Brustwirbelsäule (12 Wirbel), Lendenwirbelsäule (5 Wirbel), Kreuzbein (5 Wirbel) und Steißbein (3-5 Wirbel) [4]
Aufbau der Wirbel
Die Halswirbelsäule ist durch die oberen Wirbel, genannt Atlas und Axis, der beweglichste Teil der Wirbelsäule. Die Wirbel müssen umso mehr Gewicht tragen je weiter unten sie sich befinden. Deshalb sind die unteren Wirbel größer [5].
Alle Wirbel, außer Atlas und Axis, haben eine gemeinsame Grundstruktur.
Jeder Wirbel besteht aus dem Wirbelkörper und dem Wirbelbogen. Der Wirbelbogen umringt das Wirbelloch. Alle Wirbellöcher der Wirbelsäule bilden den Wirbelkanal. Hier verläuft das Rückenmark.
Am Wirbelbogen befinden sich drei Wirbelfortsätze:
- Der Dornfortsatz, der nach hinten ragt.
- Die rechts und links hervorstehenden Querfortsätze. An Ihnen setzen die Rückenmuskeln und Bänder an [5]. Die Bänder sorgen für Beweglichkeit und verhindern übermäßige Bewegungen [4].
- Die oberen und unteren Gelenkfortsätze [5]. Der obere Gelenkfortsatz eines Wirbels bildet mit dem unteren Gelenkfortsatz des darübergelegenen Wirbels ein Gelenk, genannt „Facettengelenk“. Sie erleichtern Dreh-, Beuge- und Streckbewegungen [2].
Stoßdämpfer Bandscheiben
Zwischen den Wirbel befinden sich die ungefähr 5 Millimeter dicken Bandscheiben. Sie bestehen aus einem Außenring und einem elastischen Kern, genannt Gallertkern. Die 23 Bandscheiben ermöglichen die Beweglichkeit der Wirbelsäule und dämpfen Stöße. Dies ist abhängig von ihrem Wassergehalt [5]. Unter Belastung vermindert sich der Wassergehalt, weshalb sich die Körpergröße am Tag bis zu 2,5 cm verringern kann [4]. Bei Entlastung wird der Wassergehalt wieder aufgebaut. Im Alter verringert sich die Aufnahmefähigkeit der Bandscheiben, wodurch es eher zu Beschwerden kommen kann [2]. Wenn der Druck auf die Bandscheiben zu hoch ist, kann es zu einem Bandscheibenvorfall kommen. Hier wölbt sich der Gallertkern aus dem Außenring heraus [5].
Vom Rückenmark gehen die sogenannten Spinalnerven ab. Sie versorgen einerseits die Muskeln mit Bewegungssignalen. Andererseits leiten sie Reize aus Muskeln, Haut, Gelenken und den inneren Organen über das Rückenmark zum Gehirn [6].
Starke Muskeln
Eine wichtige Rolle in der Stabilisation der Wirbelsäule spielen auch die Hals-, Brust-, Bauch- und Rückenmuskeln.
Die Rückenmuskulatur ist die stärkste Muskelgruppe des Körpers. Sie sorgt für Streckung, Drehung und seitliche Neigung des Oberkörpers.Sie besteht aus zwei Gruppen: Den tiefen Muskeln („autochthone Muskeln“), die auch „Rückenstrecker“ genannt werden und den oberflächlichen Muskeln [4]. Die tiefen Muskeln verlaufen entlang der Wirbelsäule und zwischen den Rippen. Über die Quer- und Dornfortsätze verbinden sie auch die einzelnen Wirbel [5].
Die Bauchmuskeln ermöglicht vor allem das Beugen nach vorne und zur Seite und das seitliche Drehen. Beim schweren Heben erhöht sie zusammen mit dem Zwerchfell den Druck im Inneren der Bauchhöhle. Dadurch werden Organe, Wirbelsäule und Bandscheiben entlastet [7].
Rückenschmerzen können in zwei Arten unterschieden werden [1]:
- nicht-spezifisch oder unspezifisch: Hier sind keine Hinweise auf gefährliche Ursachen vorhanden. Rückenschmerzen sind fast immer ungefährlich.
- spezifisch: Hiermit sind Schmerzen gemeint, die eine vom Arzt genau feststellbare Ursache haben. Diese Ursache kann zum Beispiel ein Bruch oder Entzündungen der Wirbelsäule haben. Schätzungsweise sind hiervon aber höchstens 15% (15 von 100) der Menschen mit Rückenschmerzen betroffen [8].
Rückenschmerzen können auch nach ihrer Dauer unterschieden werden [1]:
- akut: Schmerzen, die weniger als 6 Wochen andauern
- subakut: Schmerzen, die zwischen 6 und 12 Wochen andauern
- chronisch: länger als 12 Wochen andauernde Schmerzen
- rezidivierend: Schmerzen, die nach 6 Monaten Beschwerdefreiheit erneut auftreten
Rückenschmerzen sind weit verbreitet. Eine große deutsche Bevölkerungsstudie zeigt, dass ungefähr 85% (85 von 100) der Deutschen mindestens einmal im Leben damit zu tun haben [9]. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer [9, 10].
Bei 40-80% (40 bis 80 von 100) der Menschen mit Rückenschmerzen kommen sie immer mal wieder vor [11, 12].
Akute Rückenschmerzen haben eine gute Aussicht auf Besserung. Bei ungefähr 30% (30 von 100) der Betroffenen verschwinden sie innerhalb der ersten 3 Monate [13]. Aufgrund nicht eindeutiger Ergebnisse anderer Studien kann dies jedoch nicht vollkommen bestätigt werden.
Mehrere Studien zeigen, dass zwischen 68 und 86% (zwischen 68 und 86 von 100) der Berufstätigen nach akuten Rückenschmerzen innerhalb eines Monats wieder arbeiten gehen können [15].
Mit Rückenschmerzen können auch andere Krankheiten auftreten. In einigen Studien zeigten sich Zusammenhänge mit Übergewicht und Herzversagen. Die Krankheiten können auf eine generell ungesunde Lebensweise zurückgeführt werden. Auch Osteoporose, also Knochenschwund, Migräne, Schmerzen im Nacken und oberen Rücken oder seelische (psychische) Beschwerden wurden beobachtet [15, 16].
Einige Faktoren können Rückenschmerzen verursachen oder begünstigen, dass sie dauerhaft, also chronisch werden. Es ist jedoch schwierig, genau zu sagen, welche Risikofaktoren die Auslöser sind. Rückenschmerzen werden nämlich durch viele Faktoren gleichzeitig bedingt [1].
Am häufigsten treten Rückenschmerzen auf, wenn Sie sie schon einmal hatten [17]. Sie sollten aber alles versuchen zu verhindern, dass sie dauerhaft werden. Dabei können Ihnen unsere Empfehlungen auf den nächsten Seiten helfen.
Wichtig ist, seelische Ursachen zu berücksichtigen. Sie können vor allem auswirken, dass Rückenschmerzen dauerhaft werden. Diese werden yellow und blue flags (gelbe und blaue Flaggen) genannt [1, 18].
Auch körperliche Belastungen am Arbeitsplatz können Rückenschmerzen begünstigen. Diese werden black flags (schwarze Flaggen) genannt [19].
Ein gesunder Lebensstil bringt viele Vorteile.
Gesund zu leben, heißt, regelmäßig Sport zu treiben, auf eine gesunde Ernährung zu achten, auf das Rauchen zu verzichten und sich auch mal Entspannung zu gönnen. Alles Faktoren, die auch zur Vorbeugung von (erneuten) Rückenschmerzen wichtig sind.
Auf dieser Plattform finden Sie viele Informationen zur Umsetzung. Schauen Sie sich doch mal in unsere Beiträge zu einer leckeren, gesunden Ernährung. Oder lesen Sie hier, wie Sie Stress meistern und sich entspannen können.
Auf dieser Seite haben wir Ihnen Informationen zusammengestellt, die sich besonders auf Bewegung im Zusammenhang mit dem Thema Rückenschmerzen beziehen. Denn: Bewegung ist die wichtigste Maßnahme, um (anhaltenden) Rückenschmerzen vorzubeugen.
Grundsätzlich bietet körperliche Aktivität eine Reihe von Vorteilen. Beispielsweise ist nachgewiesen, dass dadurch eine höhere Lebenserwartung erreicht werden kann. Die Stimmung kann aufgebessert und Muskeln, Gelenke und Knochen können gestärkt werden. Auch Krankheiten, wie Übergewicht oder Diabetes können durch Sport und Bewegung vorgebeugt werden [20].
Deutsche und internationale Empfehlungen beschreiben, wie viel und welche Bewegung sich positiv auf die Gesundheit auswirkt [23, 24]. Sie stützen sich auf eher gute bis sehr gute Studien. Zusätzlich zu den alltäglichen Aktivitäten, wie langsames Gehen oder Stehen wird empfohlen:
Es wird auch empfohlen, langes, ununterbrochenes Sitzen zu vermeiden und regelmäßig durch Bewegung zu unterbrechen [23, 24].
Tipp: Bereits tägliches 10-minütiges Treppensteigen verbessert die Ausdauer.
Eine Studie mit 160 Büromitarbeitern bestätigt dies. Sie wurden an jedem Arbeitstag per E-Mail dazu aufgefordert, gemeinsam 10 Minuten Treppen zu steigen. Nach zehn Wochen konnten Verbesserungen der körperlichen Ausdauer, des Blutdrucks und Gewichts gezeigt werden [2]. Treppensteigen gilt dabei als Bewegung mit höherer Intensität. Wäre das auch etwas für Sie?5
Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, haben wir Ihnen einige Übungen zusammengestellt, die immer und fast überall durchführbar sind. Beachten Sie, die Übungen langsam und nur so weit es angenehm ist, durchzuführen.
Zur Anregung des Kreislaufs können Sie zu Beginn der Übungen eine Minute auf der Stelle laufen.
(Die Übungen entsprechen sportwissenschaftlichen Grundlagen. Die Wirksamkeit der Durchführung wurde jedoch nicht wissenschaftlich überprüft.)
[/fusion_gallery]Die Übungen können auch hier heruntergeladen werden:
Wie viel bewegen Sie sich? Beobachten Sie sich doch mal über einen ganzen Tag verteilt. Unsere Rückenuhr hilft Ihnen dabei.
Arbeitshaltungen
Sitzen
Zwar gilt das Sitzen alleine nicht als Risikofaktor für die Entstehung von Rückenschmerzen. Langes Sitzen in unnatürlichen Körperhaltungen dagegen schon [37]. Dafür dass durch langes Sitzen außerdem andere Krankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen, besteht jedoch ein eindeutiges Risiko [38]. Für kleine Sitzpausen können Sie unsere Aktive Pause nutzen.
In unserem Handout finden Sie weitere Tipps, die aus Sicht der Arbeitswissenschaft und -medizin empfohlen werden.
Stehen
Langes Stehen ohne größere Bewegungsmöglichkeit werden als „Zwangshaltungen“ definiert, die eindeutige Risikofaktoren fürRückenschmerzen sind. Zwar hängt es von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel der Körperhaltung ab, ob Rückenschmerzen durch das Stehen entstehen. Eine Studie empfiehlt jedoch, länger als 40-minütiges Stehen zu vermeiden [44].
Heben, Tragen, Ziehen und Schieben
Für das Gewicht von Lasten gibt es keine rechtsverbindlichen Grenzwerte. Ob Rückenschmerzen dadurch entstehen, hängt von verschiedenen Dingen ab. Dies kann die Kraft jeder Person, die Körperhaltung oder die Häufigkeit der Ausführung sein. Studien zeigen jedoch, dass bei 25 kg Lastgewicht und mehr als 25 Wiederholungen ein höheres Risiko entsteht [45].
Laden Sie hier unser Handout herunter: Handout Sitzen Stehen Heben Tragen
Wenn Rückenschmerzen doch mal aufkommen, haben wir Ihnen hier einige Empfehlungen und praktische Tipps zusammengestellt, wobei wir uns an der aktuell besten wissenschaftlichen Beweislage orientieren.
Die meisten Rückenschmerzen sind ungefährlich und bessern sich nach kurzer Zeit von alleine. Doch Sie selbst tragen auch eine entscheidende Rolle in der Verbesserung der Schmerzen.
Wichtig: Die Einnahme von Schmerzmitteln dient nur der kurzzeitigen Unterstützung in möglichst geringer Dosis, damit Sie trotz starker Schmerzen aktiv werden können. Denn: Medikamente beseitigen nicht die Ursache der Schmerzen. Auch zu beachten sind ihre möglichen Nebenwirkungen. Da es verschiedene Wirkstoffe gibt, hier eine Übersicht über den Verlauf einer Anwendung [1]:
Weitere Informationen zu weiteren empfohlenen oder nicht empfohlenen Behandlungsmöglichkeiten finden Sie in der aktuellen Nationalen VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz. Zum besseren Verständnis berücksichtigen Sie hier auch die PatientenLeitlinie.
Lesen Sie hier, wie diese Gesundheitsinformation erstellt wurde. Und testen Sie doch, wie viel Sie nun über Rückenschmerzen wissen.
Methoden der Erstellung der Gesundheitsinformation